
Zu Fragen von Remonstration und Strafbarkeit bei der Durchsetzung von Maskenpflichten
Wer Menschen dazu anhält, sich eine Mund-Nasen-Bedeckung zum Schutz vor Coronaviren (Maske) aufzusetzen, kann den Straftatbestand der Nötigung und – jedenfalls soweit es um häufig wiederholtes oder langanhaltendes Tragen geht – den der Körperverletzung in mittelbarer Täterschaft, in bestimmten Konstellationen (z.B. Lehrer gegenüber minderjährigen Schülern) auch den der Misshandlung von Schutzbefohlenen und als Amtsträger den der Körperverletzung im Amt erfüllen.
Viele Menschen entwickeln beim Tragen von Masken Symptome, die das körperliche Wohlbefinden erheblich beeinträchtigen. Zu den häufigsten Symptomen zählen Kurzatmigkeit bzw. Luftnot, Erschöpfung, Hitzegefühl, Kopfschmerz, Schwindel und Konzentrationsstörungen.
Die Verursachung dieser Symptome stellt eine üble unangemessene Behandlung im Sinne des Körperverletzungstatbestandes dar. Unangemessen deshalb, weil ein Nutzen in Bezug auf Schutz vor der Weitergabe von Viren weder plausibel noch erwiesen ist. Gängige Masken, auch FFP2-Masken, haben kein signifikantes Rückhaltevermögen für Viren und Aerosole, weil diese durch sie hindurchgehen. Ein Fremdschutz durch lang anhaltendes Maskentragen kann ausgeschlossen werden, weil Masken die Konzentration ausgeatmeter Teilchen lediglich für kurze Zeit nach dem Aufsetzen reduzieren können.
Häufiges und lang andauerndes Maskentragen kann zudem zu Gesundheitsschädigungen führen. Es können internistische, neurologische, psychische und psychiatrische, dermatologische, sportmedizinische, HNO-, zahnmedizinische und gynäkologische Nebenwirkungen auftreten.
Meistens wird der Täter mindestens mit bedingtem Vorsatz hinsichtlich der üblen unangemessenen Behandlung agieren, da er Unwohlsein beim Tragen von Masken aus eigenem Erleben kennt. Jedenfalls wird aber in aller Regel der Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung gegeben sein, weil der Täter hätte erkennen können und müssen, dass Masken potentiell gesundheitsschädlich sind, und es zu seiner Sorgfaltspflicht gehört hätte, sich hierüber zu informieren. Entsprechende Studien gibt es bereits spätestens seit den 2000er Jahren.
Der Straftatbestand der Nötigung kann ebenfalls verwirklicht sein. Sind die Opfer Minderjährige oder im Gesetz näher bestimmte wehrlose Personen, die dem Täter unterstellt sind, kann in der Anordnung und Durchsetzung einer Maskenpflicht zugleich eine Misshandlung von Schutzbefohlenen durch Quälen, d. h. durch das Verursachen länger dauernder oder sich wiederholender erheblicher Schmerzen oder Leiden, liegen.
Wer eine Maskenpflicht anordnet oder durchsetzt, wird sich oft nicht auf strafrechtlich anerkannte Rechtfertigungsgründe berufen können. Die Opfer können in die Körperverletzungen, die sie sich durch das Einhalten der Maskenpflicht gezwungenermassen selbst zufügen, nicht wirksam einwilligen, weil eine Einwilligung zum einen unter Zwang nicht wirksam ist und zum anderen voraussetzt, dass das Opfer über die Gesundheitsrisiken, denen es sich aussetzt, voll informiert ist. Manche Minderjährige können mangels Einwilligungsfähigkeit ohnehin nicht selbst einwilligen. Die gesetzlichen Regelungen zur Maskenpflicht können als Rechtfertigungsgrund nicht herhalten, soweit sie verfassungswidrig sind, was nach hier vertretener Auffassung oft der Fall ist, oder soweit sich das Opfer auf einen Ausnahmetatbestand von der Maskenpflicht berufen kann. Rechtfertigender Notstand ist ebenfalls nicht gegeben. Eine Lebensgefahr wäre nicht gegenwärtig, denn selbst wenn ein Infizierter Viren auf einen anderen überträgt, führt dies nicht unmittelbar ohne weitere Zwischenschritte zum Tod. Eine denkbare Ansteckungsgefahr ist anders abwendbar als durch Maskentragen, z. B. durch Abstandhalten. Aber selbst wenn Masken ein geeignetes Mittel zur Vermeidung der Virusübertragung wären, müsste eine Interessenabwägung stattfinden. Was würde in dem Falle überwiegen: das Interesse des Gegenübers, die potentielle Gefahr seiner Ansteckung zu verringern, oder das Interesse des zum Maskentragen Verpflichteten, von den dadurch auftretenden Symptomen verschont zu bleiben?
Die Entscheidung über die Frage der Strafbarkeit fällt bei der in diesem Beitrag behandelten Problematik oftmals auf der Ebene der Schuld und dort beim Unrechtsbewusstsein, insbesondere bei folgendem Punkt: Ist die Regelung (Gesetz, Verordnung, Allgemeinverfügung etc.), welche die Maskenpflicht vorsieht, verfassungswidrig (wie oftmals nach hier vertretener Auffassung), und weiss der Handelnde hiervon oder hält dies zumindest für möglich, so handelt er mit Unrechtsbewusstsein und ist strafbar. Nimmt er irrtümlich an, die Regelung sei verfassungsgemäss, ist im Einzelfall anhand des rechtlichen Kenntnisstandes des konkreten Täters zu prüfen, ob er bei gehöriger eigener Anstrengung in der Lage war, diesen Irrtum zu vermeiden. (Nur) falls nicht, handelt er ohne Schuld.
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Thomas Wagner, Staatsanwalt, B.Sc., Dr. med. Magdalena Resch, Prof. Dr. Werner Bergholz, Dr. Jörg Uhlig, Diplom-Biologe, Dr. med. vet. Andrea Hammerl, Martina Eberhart, Staatsanwältin a. D.
Erstmals veröffentlicht am 8. April 2022 auf der Website von KRiStA – Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte n.e.V.