Maskenball: Eine Trilogie – 2. Teil

Politiker, Virologen und Pförtner sagen uns, wer eine Maske tragen muss.
In der Trilogie “Maskenball” wollen wir klären, wer keine Maske tragen darf.

Zweiter Teil: Wer bestimmt eigentlich wie krank ich mich fühle?

Aus der ärztlichen Praxis

Der knapp 50-jährige Patient, promovierter Lehrer für Biologie an einem Gymnasium, machte durchaus nicht den Eindruck eines pseudoreligiösen Eiferers. Er müsse tagtäglich ansehen, wie sehr die Schüler unter dem Maskenzwang litten, wie sichtlich erschöpft und genervt sie sich am Ende des Unterrichts die verschmutzten und durchfeuchteten Vliesreste vom Gesicht rissen und nach Luft japsten. Er sei die ständigen Klagen über die maskenbedingte verminderte Leistungsfähigkeit während der Klassenarbeiten leid, ebenso wie die Untätigkeit von Kollegen und Schulleitung, die hinter vorgehaltener Hand ähnliche Zustände beklagten ansonsten aber in karrierefördernder Untätigkeit verharrten.

Als Naturwissenschaftler und Biologe könne er sehr wohl erkennen, daß der unterschiedslose Maskenzwang nicht medizinischer Notwendigkeit, sondern machtpolitischer Arroganz und Rechthaberei entspringe. Deshalb wolle er ein Zeichen der Solidarität mit seinen Schülern setzen und mittels Maskenattest fürderhin auf das Tragen einer Maske verzichten. Die hals-nasen-ohrenärztliche Untersuchung ergab keinen relevanten krankhaften Befund.

Nach dem Gespräch verabschiedeten wir uns in herzlichem Einvernehmen voneinander. Ein Maskenattest indes mußte ich ihm verweigern, da er keinerlei gesundheitliche Probleme während des Maskentragens geltend machte.

Eine Befreiung vom Tragen einer Atemmaske aus politischen oder weltanschaulichen Gründen dürfen wir Ärzte nun einmal nicht aussprechen.

Ein paar Minuten später suchte mich ein 8-jähriges Mädchen in Begleitung ihrer Mutter auf.

Das Kind berichtete glaubhaft über nicht zu beherrschenden Niesreiz, Schwindel, Konzentrationsstörungen und Übelkeit unter Maskentragen. Die begleitende Mutter bestätigte zudem einen deutlichen Rückgang der schulischen Leistung. Der medizinische Untersuchungsbefund war wie im zuvor geschilderten Fall völlig unauffällig.

Diesem Kind stellte ich, ohne zu zögern ein Maskenattest aus.

Diese beiden Episoden kennzeichnen die Spannbreite und das Spannungsfeld innerhalb deren wir Ärzte uns bei der Beurteilung der sogenannten Maskenschäden bewegen.

Wann ist der Mensch krank?

Wir Ärzte sind zuallererst für den kranken Menschen da.

Das wirft zunächst die Frage auf: Wann ist der Mensch krank?

In der anthropozentrischen Medizin, der vom einzelnen Individuum her denkenden Medizin, entscheiden nicht ein Bundeswehrgeneral, eine Parteizentrale, ein Gesundheitsminister, Staatsanwälte und Richter – übrigens auch nicht der Arzt – ob sich der Mensch krank fühlt und wie krank er sich fühlt – sondern der Patient.

Und, wir dürfen noch hinzufügen:

Der Mensch ist auf jeden Fall dann krank, wenn er sich krank fühlt.

Selbstverständlich ist das nicht.

Diese Art der Gefühlshoheit über sich selbst ist bei weitem nicht allgemein akzeptiert.

Auch in der Gesundheit gilt: Fremdbestimmung ist bequemer als Selbstbestimmung

Gefragt, warum alle Versuche, dem einzelnen Individuum, diese wie auch andere Selbstdefinitionen zurückzugeben, müssen wir uns eingestehen, daß Selbstbestimmung ohne Selbstverantwortung nicht zu haben ist. Die breite Masse ist daher immer geneigt, auch in Gesundheitsfragen den bequemeren Weg der Fremdbestimmung inkl. Fremdverantwortung, also den Weg aller übrigen Herdentiere zu gehen und ihr Schicksal dem sich am wirkungsvollst gebärdenden Alpha-Tier anzuvertrauen. Die Wahlergebnisse der letzten Wahlen bestätigen das in eindrucksvoller Weise.

Symptom geht vor Befund

Ich habe diese Überlegungen an den Anfang meiner Ausführung über die Maskenattesten gestellt um eins von Beginn an unmißverständlich klar zu machen:

Der Mensch, der sich unter der Maske wirklich krank fühlt, der unter der Maske also krank ist, hat Anspruch auf ein Attest zur Maskenbefreiung.

Entscheidend für das Ausstellen eines Maskenbefreiungsattests sind zuallererst die vom Patienten glaubhaft vorgebrachten Beschwerden.

Kein Arzt, kein Gesundheitsbeamter, kein Staatsanwalt und kein Richter kann sich bei der Beurteilung der Richtigkeit von Maskenattesten über diesen Grundsatz hinwegsetzen.

Die geklagten Beschwerden, bzw. die geäußerten und vielmehr noch die sichtbaren Symptome stehen in der Rangfolge der Begründungen eines Attests an erster Stelle. Erst danach folgt der vom Arzt erhobene Untersuchungsbefund, falls er ihn denn erheben kann.

Mit den Befunden ist das ohnehin so eine Sache:

Normalbefunde wie etwa Laborbefunde sind nichts anderes als statistische Wahrscheinlichkeiten des Normalen, des Nicht-Krankseins.

Letztlich beweisend dafür ob der Einzelne krank ist, sind sie nicht. Jeder Mensch hat seine eigenen Richtgrößen, sprich Normalwerte, und die sind im Zweifelsfall entscheidend.

So kann sich ein Kind mit einer unter der Maske exzessiv erhöhten Kohlendioxidkonzentration noch unbeeinträchtigt fühlen, ein anderes Kind dagegen sich elend und krank fühlen.

Eine Frage, die sich gleich anschließt ist, ob das zunächst unbeeinträchtigt scheinende Kind nach einer längeren Anwendungszeit der Maske nicht doch auf lange Sicht unumkehrbare Gehirnschäden davonträgt.

Das weiß niemand und das will offensichtlich auch niemand wissen. Gleichwohl kann es bei der Beurteilung eines Maskenattestes nicht völlig unberücksichtigt bleiben.

Vor Mißbrauch ist man nie gefeit

Ich will nicht verhehlen, daß dieser Grundsatz in der Praxis durchaus auch Schwierigkeiten birgt: Wer garantiert, daß die vorgebrachten Symptome nicht vorgeschobener Art, die Motivation zum Erlangen einer Maskenbefreiung lediglich weltanschaulicher oder politischer Natur sind, solcherweise ein ärztliches Befreiungsattest ausschließend?

Ehrlich gesagt, niemand.

Ebenso wenig wie jemand garantiert, daß nicht ein Regierungschef der Bestechlichkeit, ein Minister der vielfachen Lüge oder ein kirchlicher Würdenträger einmal des Kindesmißbrauchs überführt werden wird.

Um Mißbrauch so weit wie möglich vorzubeugen, und die Glaubwürdigkeit der anthropozentrischen, Medizin nicht in Mißkredit zu bringen, setzen wir Ärzte natürlich alles daran, einen möglichen Zusammenhang zwischen den geäußerten Beschwerden und einem tatsächlich vorhandenen Untersuchungsbefund herzustellen. Das gelingt bei ausreichend sorgfältiger Untersuchung sehr häufig aber eben nicht immer.

In letzterem Fall nutzen wir Ärzte einen uns zustehenden und von niemandem einzuengendem Ermessensspielraum, der sich auf unser spezifisches medizinisches Wissen, unser ärztliches Gewissen und – vielleicht am wichtigsten – auf unsere berufliche Erfahrung gründet.

Mag sein, daß auf diese Weise auch einmal ein geschickt agierender Patient zu seinem ersehnten Attest gelangt. Aber das ist zweifellos eher zu verschmerzen, als einem wehrlosen maskengeschädigten Kind einen Schaden fürs ganze Leben zuzufügen, nur weil es zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht möglich war, einen krankhaften Untersuchungsbefund, der die Symptome des Kindes erklären konnte, zu erheben.

Folgender Grundsatz ist von uns allen zu beherzigen:

Man darf subjektive Beschwerden, nicht nur deswegen leugnen, weil man mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln deren Ursache nicht findet.

Einfach mal den Spieß umdrehen

Dieser Grundsatz zielt gerade auch auf diejenigen beamteten Gesundheitswächter, Staatsanwälte und Richter, die häufig in auffälliger Art und Weise von der Angst um ihr eigenes gesundheitliches Wohlergehen umgetrieben und von blindem Vertrauen in behördliche Anordnungen, Zahlen und Meßergebnissen beseelt, das Recht auf die Gefühlshoheit des einzelnen Individuums geringschätzen.

Von diesem Personenkreis bedrängt, empfiehlt es sich im Bedarfsfalle, die Betreffenden von Angesicht zu Angesicht zu fragen wie sie, sollten sie die Absicht haben, sich z.B. wegen Bauchschmerzen oder Migräne krank schreiben zu lassen, dem behandelnden Arzt die Stärke ihrer Schmerzen und die daraus resultierende Beeinträchtigung objektiv nachweisen können. Gerade im Bereich der häufigsten und längsten Krankschreibungen, dem öffentlichen und Staatsdienst also, dienen Beschwerden, die sich oft nur ungenügend oder gar nicht objektivieren lassen als Grund für wochen- und monatelange Arbeitsunfähigkeiten: Erschöpfungszustände, Hitze- Kälte- Chef- und Kollegenunverträglichkeiten, chronische Schmerzen, Burnout, depressive Verstimmungen aller Art, Überarbeitungsgefühl und auch mal eine als nötig gefühlte Entschädigung für einen verregneten Urlaub: Wenn Sie wüßten, was ich in mehr als 40 Jahren ärztlicher Tätigkeit alles erlebt habe…

Raten Sie mal, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, was geschähe, falls sich ein Arzt dazu entschlösse, die Arbeitsunfähigkeitsbestätigung so lange zu verweigern bis, um einen hypothetischen Fall zu nennen, der um Krankschreibung nachsuchende Richter, Staatsanwalt oder Ministerialbeamte einen zweifelsfreien und objektiven Beweis für die Stärke seiner Bauchschmerzen zu liefern in der Lage ist.

Deshalb abschließend noch einmal unmißverständlich:

Letztlich entscheidend für das Ausstellen einer Maskenbefreiung sind die individuellen Beschwerden, die geklagten Beeinträchtigungen sowie der individuelle Leidensdruck

 

Ausblick

Beim demnächst folgenden und letzten Teil unserer kleinen Maskentrilogie werden wir uns mit einigen häufigen und häufig übersehenen Krankheitsbildern aus der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde beschäftigen, welche zur Maskenunverträglichkeit führen können.

Und auch damit, wie ein Attest aussehen und wie es auf keinen Fall aussehen sollte.

 

 

PD Dr. med. Josef Thoma, Berlin

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