Polizeiband vor der Mensa, Schleusen beim Eingang, Uniformierte an allen Türen des Gebäudes: An diesem Tag war an der Hochschule alles anders – und es sollte anders bleiben.
Die Mehrheit der Schweizer Universitäten und Fachhochschulen führt im September 2021 im Rahmen der «Covid-19-Massnahmen» die Zertifikatspflicht ein. «Ungeimpfte» werden fortan von einigen Bereichen ihres Arbeits- bzw. Studienorts ausgeschlossen. So wird ihnen an einigen Institutionen etwa der Besuch der Bibliothek untersagt. Der Rektor einer grossen Universität meldet sich per Mail bei Studierenden und Mitarbeitenden mit einem «dringenden» Impf-Appell. An einer anderen Hochschule wird nach einer Vorlesung der Ausgang von zwei Sicherheitsmännern blockiert: Den Hörsaal darf nur verlassen, wer ein «Zertifikat» vorweisen kann. Vielerorts müssen sich Personen ohne Impfnachweis an Hochschulen fortan einem Testregime unterwerfen: Der Arbeits- bzw. Ausbildungsort steht in diesem Fall nur gegen Vorlage tagesaktueller «Corona-Tests» offen. Diese müssen vor Ort innerhalb gewisser Zeitfenster durchgeführt werden. Testresultate treffen nicht selten (zu) spät oder gar nicht ein, der Zutritt zur Hochschule bleibt dann häufig trotz Teilnahme am Test verwehrt. An Hochschulen ohne «Testmöglichkeiten» werden Organisation und Finanzierung der Prozedur den Betroffenen selbst aufgebürdet. Mitunter sind explizit Studierende im Fokus: An einer Universität bezeichnet etwa ein Professor im Seminar «Ungeimpfte» als «minderintelligent».
Vereinzelt werden Mitarbeitende aktiv: Sie schreiben Briefe an die Leitung, stellen an Sitzungen kritische Fragen, wenden sich an interne Diskriminierungsstellen oder leiten juristische Schritte ein. Ihre Namen sind u.a. Marco, Martin, Michael oder Mirjam. Sie sind Lehrbeauftragte, wissenschaftliche Mitarbeitende oder leiten Professuren. Ihre Fachgebiete: Naturwissenschaften, Rechtswissenschaften, Sprachen, Pädagogik oder Soziale Arbeit.
Im Herbst beginnen sie sich zu vernetzen – man trifft sich regelmässig in Chaträumen, tauscht sich zur aktuellen Situation an der jeweiligen Hochschule aus und bespricht das weitere Vorgehen. Gleichzeitig finden Gespräche mit Studierenden statt, um auf ihre spezifische Situation einzugehen. Einzelne Mitarbeitende werden in der Presse diffamiert. Die Gruppe macht sich gegenseitig Mut und gründet im Winter den Verein für freie Bildung und Wissenschaft.
Der Verein setzt sich für Freiheit der Wissenschaft, einen freien Zugang zu Bildung und Wissenschaft und damit gegen Diskriminierung an Hochschulen ein – nach der Aufhebung der Corona-Massnahmen im Februar 2022 wird eine offene Auseinandersetzung sowie eine Aufarbeitung der Geschehnisse gefordert.