Ganzheitliche Sichtweise und Einordnung – Teil 3

Die Übersichtsbetrachtung / Überblick

Um die Ereignisse um die Corona-Pandemie und deren Massnahmen auf eine ganzheitliche Art und Weise einzuordnen, möchte ich Sie einladen, sich mit Aspekten einer ganzheitlichen Gesamtschau (1/2) zu beschäftigen.

Wir erinnern uns an die drei Sichtweisen des Konzeptes der ganzheitlichen Betrachtung dieser Reihe (wie in Teil 1 vorgestellt):

  1. Die Analyse, Etwas im Detail zu betrachten
  2. Die Übersicht, sich über Etwas einen Überblick zu verschaffen
  3. Die Meditation, sich in die Bedeutung von Etwas zu vertiefen

2. Die Übersicht, sich über Etwas einen Überblick verschaffen – “Breite”

In diesem Beitrag möchten wir uns mit dem zweiten der drei Betrachtungsweisen eingehender beschäftigen: der Übersicht oder dem Überblick. Bei einer ganzheitlichen, umfassenden Betrachtung ist der Überblick über oder die “Breite” eines Phänomens wichtig. So versuchen wir ein Geschehen virtuell mit einer Drohne im Abstand von oben zu filmen oder auch zu umfliegen und von allen Seiten zu betrachten. Wir erkennen so seine Vielseitigkeit. Dabei gehen auf Kosten des Ganzen die präzisen Details tendenziell verloren. Bei der Übersichtsbetrachtung ist wegen der Vielzahl an Informationen dann die Sicht mit einer “Filterbrille” und diejenige in der “Echokammer” schon weniger einschneidend, wie bei der Nahaufnahme.

Bei einem Überblick von einer Aussichts-Plattform oder mit der in die Höhe aufgestiegenen Drohne erkennen wir, dass sich das Mosaik zum Gesamtbild zusammenfügt bzw. dass die Einzelteile des Elefanten – Schwanz, Stosszähne, Bauch etc. – sich in einem ganzen Elefanten integrieren und zusammenfügen lassen. So entstehen in unserer Kultur erkennbare, vertraute Bilder.

Das Gesamtbild des Mosaiks

Mit der Übersichtsbetrachtung wird das Mosaik als Ganzes sichtbar, erkennbar. Durch die vielen verschiedenfarbigen Einzelsteine oder Plättchen aus Metall, Holz etc., die kunstvoll angeordnet sind, erkennen wir das Mosaik als bildende Kunstform, wobei die ältesten schon vor ca. 400.000 Jahren entstanden sind. Als nächsten Schritt erkennen wir beim Mosaik, das hier abgebildet ist, dass es sich um die Darstellung eines Labyrinths handelt (3). So entsteht ein Gesamtbild oder -muster, in dem wir etwas, das in unserer Kultur vorkommt, dargestellt sehen und erkennen können.

Der ganze, lebendige Elefant

Und – wir können nun das Gleichnis mit den Blinden und dem Elefanten weiterentwickeln, in dem nun alle blinden Menschen das ganze Tier abtasten oder in dem bei den Menschen in Dunkelheit das Licht angezündet wird. Nun erkennen die Blinden bzw. die Menschen im Hellen, dass es sich um ein Tier – einen Elefanten – handelt mit all den vorher einzeln beschriebenen Teilen; der Streit zwischen den Beobachtern legt sich bis auf ein paar Details. Und in dem sie das Tier atmen hören, sich bewegen sehen oder fühlen und die Körperwärme spüren, wird allen klar, dass es sich nicht nur um einen Elefanten handelt, sondern um ein lebendes Wesen.

Das Panorama

Im Weiteren können wir nun mit der Drohne vom Mosaik bzw. vom Elefanten in den Himmel aufsteigen und erkennen dabei im Panorama-Überblick – bei welchem Haus sich das Mosaik befindet, in welchem Quartier, in welchem Dorf, in welchem Landesteil, in welchem Land etc. – oder ob der Elefant in Gefangenschaft oder frei lebt, in welcher Vegetationszone wilde Elefanten am liebsten leben, in welchem Land, auf welchem Kontinent etc.

So erfahren wir etwas über den Kontext, das Umfeld von Einzelobjekten (dem Mosaikstein bzw. den Körperteilen des Elefanten) und wir können Zusammenhänge, Vernetzungen, Erklärungen finden, die nur in einer übergeordneten Sicht zu erkennen sind.

Bei der Übersichtsbetrachtung gibt es – mit der Drohne aufsteigend – mehrere Stufen der Betrachtung: Elementarteilchen in einem ganzen Atom, Atome in einem Molekül, verschiedene Organe und Organsysteme in einem Organismus, verschiedenartige Lebewesen, verschiedene kontinentale Ökosysteme bis hin zum Planeten und Organismus Erde als ein einziges, riesiges Ökosystem etc.

Ganzheitliche Bewertung mit praktischen Beispielen

Der Überblick oder die Übersichtsbetrachtung macht klar, dass alle mikroskopischen und makroskopischen Einzelteile immer auch zu einem grösseren Ganzen in einen Kontext gehören und nicht losgelöst als Einzelteile existieren.

Eine Auswahl von Anwendungsbeispielen auf die Corona-Pandemie:

  1. Wissenschaftlich die gleichen Ursachen
    Zum Kontext bei den Ursachen der Corona-Pandemie gehört, dass die Entstehung der Pandemie die gleichen Ursachen hat, wie der Klimawandel und der Verlust der Biodiversität. Die “Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES)” als beratendes Gremium der UNO stellt fest (4): “Dieselben menschlichen Aktivitäten, die den Klimawandel und den Verlust der biologischen Vielfalt vorantreiben, erhöhen durch ihre Auswirkungen auf unsere Umwelt auch das Pandemierisiko … Das ist der Weg in die Pandemien.” In dieser Übersichtsbetrachtung gibt es eine Gemeinsamkeit für alle Menschen – Corona-Massnahmen-Befürworter und -Massnahmen-Kritiker – in der wir uns in der Gesamtbevölkerung mehrheitlich einig sind: Verantwortung übernehmen und aktiv werden.
  2. Globale Bedeutung der Mikroorganismen in der Ganzheitsmedizin
    Aus der Übersichts-Perspektive des Ökosystems Erde möchte ich ein paar Zitate von Frau Prof. Karin Mölling (5) aufführen: “Die Mikroorganismen beherrschen die Welt und wir sind die Eindringlinge – normalerweise besteht ein Gleichgewicht, eine Balance zwischen Mikroorganismen und Mensch, Tier und Pflanzen. Wir bilden eine Einheit, ein Ökosystem. Die Mikroorganismen sind um vieles länger auf unserer Erde als wir. Wir müssen immer noch lernen, mit der Welt zu kooperieren. Das Gleichgewicht dieses komplexen Ökosystems kann entgleisen – und die Ursachen sind oft von uns Menschen verursacht, meistens durch Kriege, oft durch Armut, Hunger, fehlende Hygiene, Rücksichtslosigkeit gegenüber der Natur. Letztlich lassen sich alle diese Ereignisse auf zwei Probleme zurückführen: auf Bevölkerungsdichten und Mobilität.“ Auch hier erkennen wir in der übergeordneten Betrachtung des Zusammenlebens “Mikroorganismen – Menschen” eine gemeinsame, für alle Menschen bedeutsame Problematik und Verantwortung, bei der wir ansetzen können. Ebenso wird klar, dass für die Corona-Pandemie das Coronavirus SARSCoV-2 v.a. nicht die Hauptursache, sondern die Auswirkung von multifaktoriellen, menschgemachten Faktoren ist.
  3. Die Komplementär- bzw. integrativ-medizinische Betrachtung eines/r Patienten/In
    Typischerweise wird in der Komplementärmedizin – hier am Beispiel der Klassischen Homöopathie – neben der Untersuchung und Beschreibung einer Lokalproblematik (Ort, Qualitäten, Modalitäten etc.) dann – ausgeprägt bei chronischen Leiden – auch noch die sog. “Kopf-zu-Fuss-Anamnese” durchgeführt, wo systematisch “die Breite” der Erkrankung, die sich als vielseitige, körperliche und psychische Begleitsymptome im ganzen Organismus ausdrücken kann, aufgenommen. So entsteht dann schliesslich das sog. “Krankheitsbild” als Gesamt- und Übersichtsbetrachtung. Die anschliessend durchgeführte sog. “Repertorisation” (Nachschlagen der Symptome des Patienten in Symptomensammlungen mit zugehörigen homöopathischen Mitteln) der charakteristischen, “eigenheitlichen” Symptome (gem. Samuel Hahnemann, dem Begründer) in entsprechenden Büchern, Repertorien, oder heute mit einer entsprechenden Software, führt dann zur Endauswahl des passenden homöopathischen Mittels (das sog. Simile oder Similimum). Erst die Ausweitung der Betrachtung und Beurteilung in der Übersicht des Gesamtorganismus führt zur Findung des passenden homöopathischen Mittels.
  4. Die Neuro-Psycho-Immunologie hat eine zentrale Bedeutung bei Corona
    Wie Prof. Christian Schubert in seinem Buch “Stresstest Corona” und in diversen Beiträgen (6) klar macht, ist die Einzelbetrachtung von Phänomenen in den klassischen Wissenschaftszweigen wie Neurologie, Psychologie, Immunologie etc. als eine Art unabhängige Systeme im menschlichen Körper veraltet und widerlegt – vielmehr ist es die komplexe Vernetzung all dieser Wissenschaftszweige und Organsysteme (in der Übersicht) in jedem Organismus und in seinem psychosozialen Kontext der Beziehung zu anderen Menschen die ganzheitliche Realität. Gemäss Schuberts Erfahrung und seiner Übersichtsbetrachtung befinden wir uns in einer “Post-Corona-Kultur”, die bisher wenig, bis keine Anstalten macht, die Pandemie mit ihren Massnahmen, ihren Ursachen und Auswirkungen in diesem Verständnis umfassend aufzuarbeiten, die uns gesundheitlich und sozial noch Jahre beschäftigen werden.
  5. Gesprächsverweigerung – ein Novum in der Schweiz
    Aus dem Überblick der Schweizerischen Demokratie ist zu erkennen, dass es grob eine Verteilung von 2/3 corona-massnahmen-befürwortenden (CMB) gegenüber 1/3 massnahmen-kritischen (CMK) Menschen (Bevölkerung, ÄrztInnen, WissenschaftlerInnen) gibt. Davon können wir auf beiden Seiten dialogbereite Gruppen und Gruppen von in den jeweiligen Echokammern (ganz am äusseren Rand) radikalisierte Menschen wahrnehmen, die den Dialog verweigern. Im Moment ist es eine kleine, sich zaghaft vermehrende Gruppe von CMB (auch Medienschaffende, Politiker und Amtsträger etc.), die dialogbereit sind, und eine Mehrheit, die den Austausch verweigern oder ignorieren. Auf der anderen Seite gibt es bei den CMK eine grössere Gruppe von dialogbereiten Menschen gegenüber einer mittleren Gruppe von nach wie vor traumatisierten, sich ungehört fühlenden Menschen, die auch deshalb das Gespräch nicht suchen oder gar vehement ablehnen.
    Die seit 3 Jahren praktizierte Gesprächsverweigerung, speziell nach der offiziellen Beendung der Pandemie anfangs dieses Jahres, ist ein Novum in der schweizerischen Demokratie, wo der breitflächige Diskurs und Konsens in wesentlichen Aspekten bisher sonst die Normalität war.

Schlussfolgerung

Diese Betrachtungsweise der Übersicht bzw. des Überblickes ordnet die einzelnen Beobachtungen und Erkenntnisse in einen übergeordneten Kontext ein und zeigt uns Vernetzungen, Zusammenhänge, führt daher zu einer ganzheitlichen und integrativ-medizinischen Neubewertung der Ursachen von Infektionserkrankungen, generell zu einer Versachlichung von Themen und wirkt so auch Radikalisierungstendenzen entgegen.

Auch sie kann für sich alleine nicht ganzheitlich sein, da ihr die beiden anderen Aspekte des Konzeptes der ganzheitlichen Betrachtung – die Details der Nahaufnahme (Präzision) und die Meditation bzw. tiefere Bedeutungsebene (Tiefe) – fehlen.

Was erwartet Sie im vierten Teil?

In Teil 4 werden wir uns mit der Betrachtung in der “Meditation” auseinandersetzen. Mit ihr wollen wir den beiden anderen Sichtweisen die “Tiefe” einer Deutungs- bzw. Bedeutungsebene hinzufügen.

 

Über den Autor

Dr. med. dent. Thomas Rüedi ist pensionierter, ganzheitlicher Zahnarzt und Integrativ-Zahnmediziner mit 32 Jahren Berufserfahrung, Dissertation im Bereich der Homöopathie, Zertifikat Ganzheitliche Zahnmedizin SGZM, Ganzheitlicher Berater im “Ganzheitlichen Institut Schweiz”, Buchautor, Buddhist und “Elder”.

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